Dienstag, 19. Juni 2007

Hochhäuser am Eschenheimer Turm

VON CLAUS-JÜRGEN GÖPFERT
19.06.07, FR

Die Stunde der Goldgräber

Von "Goldgräber-Stimmung" spricht Alfred Gangel, der Leiter des städtischen Liegenschaftsamtes. Ein Millionen-Poker ist entbrannt um die ersten Flächen für neue Wohn-Hochhäuser in Frankfurt. Die Stadt hat sich viel vorgenommen. "Wir wollen das Konzept der 60er Jahre genau umkehren", sagt Dieter von Lüpke, Leiter des Stadtplanungsamtes. Damals entstanden überall in Deutschland an der Peripherie der Städte Siedlungen mit Wohn-Hochhäusern. "Vertikale Plattenbauten" nennt sie Peter Cachola Schmal, der Direktor des Deutschen Architekturmuseums (DAM) in Frankfurt, heute - und beklagt ihren "schlechten Ruf".

Jetzt will Frankfurt dem Wohn-Hochhaus als Bauform in Deutschland zur Renaissance verhelfen. "Wir wollen neue Wohn-Hochhäuser nicht mehr am Stadtrand, sondern im Zentrum der Stadt", so von Lüpke. Frankfurt müsse Modell für andere Städte sein. Es gelte, "neues, hochwertiges Wohnen in Hochhäusern" zu entwickeln und "die Frankfurter Innenstadt als Wohn-Standort zu stärken". Bald wird Frankfurts Planungsdezernent Edwin Schwarz (CDU) die Vorlage für den neuen Hochhaus-Rahmenplan der Stadt präsentieren, an dem das Team um von Lüpke arbeitet. Dieser Plan wird den ersten Standort für zwei neue Wohn-Hochhäuser in der City ausweisen: die etwa 3600 Quadratmeter großen Grundstücke Stiftstraße 32, Katzenpforte 3 und Bleichstraße 55-57 nahe des Eschenheimer Turms. Sie gehören der Stadt.

In die Projektentwicklung einbezogen werden können die angrenzenden Areale Stiftstraße 36 und Große Eschenheimer Straße 20, die in Privatbesitz sind. Auf der Fläche steht auch das traditionsreiche Kino-Zentrum Turmpalast, 1929 als "Ufa-Palast Groß-Frankfurt" eröffnet. Die privaten Eigentümer, sagt Gangel, verhandelten bereits mit Projektentwicklern: "Die wollen viel Geld für ihre Häuser und den Abriss."

Das gelte insbesondere für das Haus Stiftstraße 36. Einen ganz besonderen Ort von historischer Bedeutung: In diesem Nachkriegsbau lebte in den 50er Jahren die Luxus-Prostituierte Rosemarie Nitribitt: Dort soll sie ihre Freier empfangen haben, dort wurde sie am 1. November 1957 ermordet aufgefunden. "Der Hausbesitzer glaubt, dass allein wegen der Nitribitt das Gebäude doppelt so viel wert ist", so Gangel.

Einer der Hausbesitzer ist Gerd Rieche, Sprecher einer Wiesbadener Beteiligungs-Gesellschaft. Ihr gehört der Turmpalast und ein weiteres Grundstück. Rieche hat den Hochhaus-Rahmenplan als "sensationell" begrüßt und seine Teilnahme an der Projektentwicklung angekündigt. Die Stadt und der Immobilien-Fachmann haben jetzt Gespräche geführt. Der Zwischenstand: Rieche soll eine Einigung mit den anderen privaten Besitzern herbeiführen.

Dann will Gangel einen privaten Projektentwickler auch für die städtischen Flächen auswählen: "Die geben sich bei mir die Klinke in die Hand." Rieche habe seine Bereitschaft bekräftigt, den 2010 endenden Mietvertrag für den Turmpalast nicht zu erneuern - damit ist der Weg für den Abriss frei.

Im Interview mit der FR berichtet DAM-Direktor Schmal von internationalen Investoren, die ihn wegen geeigneter Grundstücke für Wohn-Hochhäuser in der Innenstadt angesprochen haben: "Sie haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass es eine Klientel gibt aus Südkorea, Japan, Hongkong, Singapur, die sehr gerne eine Zweit-Wohnung in Europa besäße." Die Frankfurter City würde "genau diesen Anspruch erfüllen".

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